Archiv

Fujinon 16x70 FMT-SX

Eigentlich sollte es nur ein Test werden, aber am Ende habe ich das Instrument behalten, weil es mich - trotz einiger Mängel - durch seine hervorragende Leistung überzeugt hat. Beginnen wir der Reihe nach. Insgesamt basieren diese Zeilen auf mindestens 8 Beobachtungsabenden zu jeweils mindestens 3 Stunden und einigen Nachmittagen, die ich mit dem Instrument und dem ergänzenden Zubehör verbracht habe. Wer das Instrument am Tage in die Hand nimmt und Alltagsszenen beobachtet, wie z.B. den Verkehr in einer belebten Geschäftsstraße, wird angenehm überrascht sein, wie leicht sich das Instrument (trotz seiner Größe) halten läßt, wie groß das Gesichtsfeld ist und wie klar das Bild ist. Form und Schwerpunkt sind optimal aufeinander abgestimmt, so dass das Gerät sehr gut in der Hand liegt. Eine Austrittspupille von 4,4 mm und ein ausreichend großer Pupillenabstand sorgen für angenehmstes Einblickverhalten auch für Brillenträger.

Fujinon 16x70 freihändig

Das Glas liegt gut in der Hand, aber für die Astronomie braucht man ein Stativ

Beobachtet man Objekte mit einem hohen Kontrast, so fällt ein Farbfehler auf: Das Gerät ist also kein Apochromat. Z.B. zeigt ein Vogel - etwa ein schwarzer Rabe - der ruhig auf einem Ast vor hellem Himmelshintergrund sitzt, einen deutlichen Farbrand: rot-violett auf der einen Seite und gelb-grün auf der anderen. Man kann allerdings immer so in das Instrument blicken, dass der Farbsaum am Objekt verschwindet: In einem kleinen Blickfeld ist es also perfekt korrigiert. Allerdings setzt dieses Einblickverhalten eine gewisse Übung voraus. Die nicht in der zentralen Blickrichtung liegenden marginalen Objekte zeigen dann aber diesen Farbsaum. Wie gesagt: Es fällt nur auf, wenn der Kontrast sehr stark ist. Schaut man sich die grüne Blätterwand an einem Waldrand an, so merkt man davon nicht viel. Astronomisch gesehen stört dieser Fehler, wenn man den Mond vor nachtschwarzem Himmel beobachtet, weil wieder dieser hohe Kontrast da ist. Man kann aber auch hier für ein kleines Blickfeld völlige Farbfreiheit erreichen, wenn man in geeigneter Weise hineinblickt. Dennoch irritiert dieses Problem einen Amateurastronomen zunächst, weil man bei den langbrennweitigen Instrumenten hoher Qualität, mit denen man üblicherweise beobachtet, dieses Problem nicht kennt. Der Fehler ist aber auch beim Mond nicht unbedingt so störend, dass man nicht damit zurechtkommen könnte. Das Mondbild erscheint im Übrigen absolut scharf und gestochen klar, totz des zarten (!) Farbsaums. Für die Beobachtung des Planeten Jupiter eignet sich das Instrument weniger: Die Vergrößerung ist zu gering und auf der Planetenscheibe erkennt man nichts.

Die letztendliche Beurteilung der Abbildungsschärfe der Planetenscheibe ist für mich schwierig, da mein Sehfehler (Astigmatismus) nicht völlig ausgeschaltet werden kann: Ohne Brille wirkt er sich voll im Fernglas aus und mit Brille ist er immer noch leicht spürbar, so dass der Planetenrand für mich nicht ganz scharf einzustellen ist. Wer sich das Instrument kaufen will, sollte diesen Punkt für sich selbst genau prüfen. Die galileischen Monde waren aber nadelscharf und schön zu sehen. Die Kritikpunkte sind auf jeden Fall etwas zu scharf dargestellt. Das Instrument ist insgesamt hervorragend und die genannten Probleme fallen nur "alten Hasen" auf! Ob die ornithologische Verwendbarkeit des Glases durch den Farbfehler eingeschränkt wird, möchte ich nicht beurteilen. Das sollte man auch im Einzelnen testen. Im astronomischen Deep-Sky-Bereich war dieses Problem für mich absolut belanglos.

Vergütungen im Vergleich

Kommen wir zu den Stärken des Glases: Es war nicht möglich, ein Spiegelbild der Himmelsbewölkung (blau mit weißen sommerlichen Haufenwolken) in der Frontlinse zu sehen. Ich habe noch keine Optik gesehen, die so extrem vergütet war, wie dieses Glas! Schauen Sie sich die Bilder an: Dieses Glas ist so "verhext", dass Sie darin kein Spiegelbild mehr haben... Das erste Bild zeigt den Vergleich mit einem vergüteten (!) Fernglas aus  dem unteren Preissegment (bis 50 Euro). Man meint jedenfalls, dass das Fujinon-Glas überhaupt keine Linse hat... An diesem Tag war aber bei Sonnenschein ein kontrastreicher Himmel sichtbar. Das Himmelsblau wird von der Optik einfach aufgesaugt. Das zweite Bild zeigt den Vergleich mit einem Glas aus dem gleichen Preissegment, sozusagen ein Vergleich in Augenhöhe. Hierbei handelt es sich um ein Zeiss Jenoptem 10x50, ein tadelloses älteres Instrument höchster Qualität. Trotzdem liegen noch Welten zwischen der Vergütung beider Gläser! Man beachte auch, dass das zweite Bild stärker belichtet ist, um die Reflexionen auf dem hochvergüteten Zeiss-Glas zu zeigen. Im Fujinon werden hingegen nur die Einbauten sichtbar. Man könnte es so formulieren: Das Fujinon 16x70 (und auch die anderen Gläser dieser Baureihe, z.B. 7x50) lässt alles durch. Genau diese Eigenschaft macht es zu einem absoluten "Deep-Sky-Instrument".

Vergütung

Das dritte Bild zeigt einen Blick von vorne durch das Fernglas, wobei es sich hier um das billige Gerät handelt. Man erkennt, wie sich die Reflexionen dem Bild überlagern, wodurch das Bild etwas "trübe" wirkt. Im vierten Bild ist ein Blick durch das 16x70 zu sehen, wobei sich in diesem Fall ein absolut scharfes und klares Bild ergibt, das keinerlei Reflexionen auch nur ansatzweise zeigt. Es ist übrigens ziemlich verblüffend, wenn man diesen Blick in das Instrument tut und keinerlei Glas sieht! Die extreme Transparenz dieses Glases, verbunden mit der hohen Lichtstärke und der sehr guten Schärfe macht dieses Instrument so geeignet für Deep-Sky-Beobachtungen. Ein weiterer Faktor kommt hinzu. Bei der 16-fachen Vergrößerung zeigt das Fernglas bei der Qualität unseres Nachthimmels ziemlich genau die Sterne, die in der Uranometria katalogisiert sind (etwa 9,5 mag). Dadurch entspricht der Blick auf die Sternkarte gerade dem Blick auf den Himmel durch das Fernglas.

Unter diesen Voraussetzungen ist es leicht, Galaxien und andere Objekte zu suchen, da man eine 100%ige Orientierung hat. Da kann die Beschäftigung mit dem Fernglas zur Sucht werden. Von dem oben erwähnten Farbfehler merkt man im Deep-Sky-Bereich nichts: Einerseits ist sowieso fast alles schwarz-weiß und andererseits sind die flächigen Objekte nicht so kontrastreich und grell wie der Mond, so dass eine mögliche, durch den Farbsaum erzeugte Unschärfe im Randbereich des Blickfelds unterhalb der Wahrnehmungsgrenze bleibt.

Markarian

Die Herausforderung für Fernglasastronomen

Einer der ersten Tests am Nachthimmel war der Versuch die Markarian-Galaxienkette zwischen Löwe und Jungfrau zu identifizieren. Leider waren die abendlichen Bedingungen nicht besonders gut, wodurch die Grenzgröße herabgesetzt wurde. Als es dann besser wurde, waren die Galaxien, jahreszeitlich bedingt, weg... Trotzdem konnten noch folgende Objekte gefunden werden:

  • M100 (6.2 x 5.3' , 9.3mag) indirektes Sehen, schwierig
  • M99 (4.6 x 4.3' , 9.9mag) indirektes Sehen, schwierig
  • M84 (5.1 x 4.1' 9.1mag) leicht
  • M86 (12.0 x 9.3' 8.9mag) leicht
  • M87 (7.1 x 7.1' 8.6mag) leicht

Bei besserem Himmel geht sicher wesentlich mehr in diesem Feld. Erschwerend kam hinzu, dass ich anfangs kein Stativ hatte, d.h. die angegebenen Objekte wurden freihändig beobachtet! Da ist man dann irgendwie im Liegestuhl eingeklemmt. Trotzdem hüpfen die Objekte immer noch mit der Pulsfrequenz auf und ab. Also musste ein Stativ besorgt werden. Das Problem ist die Beobachtung von Objekten im Zenit. Sinnvollerweise kann man diese nur liegend beobachten. Aber wie macht man das nun mit so einem großen Fernglas?

Umbau des Stativs

Beobachtungen im Zenit

Die Abbildung zeigt, wie man ein gutes Stativ (hier: Berlebach) umbauen kann: Die zentrale Stange wird anders herum montiert, der "Joystick" nach unten, die Montageklammer des Feldstechers wird ebenfalls anders herum verwendet. Dann kann man sich auf einer Liege unter die Optik legen. Das ist zwar nicht ganz bequem und es dauert eine Weile bis man die richtige Position gefunden hat. Danach kann man aber in Ruhe beobachten. Beim Lösen der Befestigung zur Verstellung des Fernglases muss man vorsichtig sein, damit das schwere Glas nicht durchsackt, sonst gibts blaue Augen ... So gerüstet bin ich auf die Galaxien im großen Wagen und den Jagdhunden losgegangen. Hier ist die Ausbeute:

  • M101 (26 x 26' , 7.9mag) sehr groß, sehr leicht
  • M51 (8.2 x 6.9, 8.4mag und 6.4 x 4.6', 9.6 mag) leicht als zweiteiliges Objekt zu erkennen
  • M63 (13.5 x 8.3, 8.6mag) leicht
  • M94 (13 x 11', 8.2mag) sehr leicht
  • M106 (20 x 8.4', 8.4mag) sehr leicht
  • M109 (7.6 x 4.3', 9.8mag) nicht gefunden (gamma UMa blendet etwas)
  • M81/M82 sehr schön sichtbar! Sehr leichte Objekte, Form und Lage erkennbar.
  • M108 (8.1 x 2.1', 10.0mag) indirektes Sehen, schwierig
  • M97 (Eulennebel 9,9mag) leicht

Irgendwann in der Nacht kam dann das Sommerdreieck über die Dächer hinaus. Mit dem 16x70 finden Sie den Ringnebel in der Leier. Zwar sieht man den Ring nicht als solchen, aber ein fahles winziges Scheibchen ist zu sehen. Das geht sogar freihändig! Kugelsternhaufen sind übrigens schon ein rechter Genuß: M13, M3, M92, M10, M12, M22, M4 sind wunderbar anzusehen. Der Hantelnebel M27 ist leicht zu sehen und der "Kleiderbügel" (Collinder 399) im Füchslein ist formatfüllend sichtbar. Man kann dann auch gut die Farben der einzelnen Sterne (gelb und blauweiß) vergleichen. Albireo im Schwan ist mit dem 16x70 ein wirklicher Genuß. Dann tauchten Schild und Schütze über den Bäumen unseres Gartens auf. Da ging alles freihändig und auf Anhieb: M8, M20, M21,M23, M24, M25, M18, M17, M16, M11. Insbesondere die Gasnebel waren ganz deutlich und strukturiert sichtbar: Lagunennebel, Trifidnebel, Omeganebel, Adlernebel.

Geschäftemacherei

Das passt nicht zusammen!

Waren da nicht Fujinon Nebelfilter in der Sammlung? So eine Gemeinheit! Die Nebelfilter vom 7x50 passen zwar auf das 10x70 aber nicht auf das 16x70. Das ist ein völlig unnötiger Blödsinn, der vermutlich nur aus Geschäftsgründen gemacht wurde. Ich sehe keinen Grund, warum die Filter nicht auch noch ein Gewinde für das 16x70 haben könnten. Die Dinger sind nicht billig und es ist kaum einzusehen, warum man das so geplant hat. Also muss ich mir die Gasnebel durch das 7x50 anschauen, wenn die Nebelfilter verwendet werden sollen. Am Dobson habe ich 2" Lumicon UHC und Lumicon OIII - Filter. Beide haben einen wesentlich besseren Kontrast als die Fujinon-Filter. Letztere bringen zwar eine deutliche Kontraststeigerung, es dürfte aber schon etwas mehr sein. So tröste ich mich mit der Einsicht, dass es fast egal ist, ob die Filter drauf sind oder nicht. Auch ohne Filter sind die Gasnebel spektakulär. Nur der NGC 7000 (Nordamerikanebel) benötigt unbedingt einen Filter, ohne Filter ist er nicht gut zu sehen.

Zusammenfassung

Das Fernglas ist Marine-getestet, d.h. wasserdicht, mit Stickstoff gekapselt und mit 30 Jahren Garantie versehen. Im Preissegment unter 1000 Euro werden Sie nur schwer ein vergleichbar gutes Glas finden. Es ist kompromisslos gut für die Deep-Sky-Beobachtung geeignet und führt zur suchtartigen Begeisterung. Eine Schwäche ist die Problematik mit den Farbsäumen, die aber bei Deep-Sky keine Rolle spielt. Weiterhin sind die Nebelfilter inkompatibel zwischen den verschiedenen Fujinon Ferngläsern was unschön ist. Zudem hat Fujinon bei diesen Ferngläsern keinen Mitteltrieb zum Scharfstellen, sondern Einzelfokussierung, was etwas gewöhnungsbedürftig ist. Soll man nun kaufen? Ich habe mich dazu entschieden, weil es ein ausgesprochen gutes Deep-Sky-Glas ist, das meine Sammlung gut ergänzt. Zudem hat das Instrument ein grandioses Preis/Leistungs-Verhältnis.

© 2011 Dr. Heinz J. Beister