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Die deutschen Raketenspezialisten in der UdSSR
Da es den Amerikanern geglückt war, den Russen fast die gesamte deutsche Raketentechnik vor der Nase wegzuschnappen, glaubten sie sich lange Zeit im Vorteil. Doch die Sowjets verschwendeten keine Zeit. Zwar fiel ihnen keine vollständige V2 mehr in die Hände, aber sie fanden in den Materiallagern noch verschiedene Raketenbauteile. Diese wurden in Kisten verpackt und in die Sowjetunion geschickt. Da die Amerikaner alle Dokumente, Zeichnungen und technische Unterlagen längst nach Amerika transportiert hatten, suchte ein Suchkommando, dass aus 60.000 Mann bestand, nach Ingenieuren, Technikern, Werkmeistern und Arbeitern, die am Raketenprojekt beteiligt waren. Diese mussten ihre Kenntnisse über das Projekt in Zeichnungen festhalten, Wirkungsweise und Zusammenbau erklären. Unter ihnen waren auch die Raketenspezialisten Helmut Gröttrup und andere. In nur wenigen Wochen schafften es die Arbeiter, Werkmeister und Ingenieure eine Rakete aus den Einzelteilen zu rekonstruieren.
In der Sowjetunion wurde inzwischen in der südrussischen Steppe bei Kapustin Jar, südlich von Stalingrad, ein militärisches Raketentestgebiet gebaut. Ab Oktober 1947 starteten hier die ersten V-2-Raketen. Ab 1948 wurde hier die R-1 getestet, eine der frühen russischen ballistischen Raketen. Am 30. Oktober 1947 flog hier die erste Rakete 108 km in den Himmel. Die Russen hatten sehr schnell begriffen, wie Raketen technisch funktionieren. Jetzt wurden die deutschen Spezialisten nicht mehr gebraucht und sie wurden nach Hause geschickt. Von ihrer Arbeit in der Sowjetunion wurde nie etwas bekannt. Alles, worauf die Sowjetische Raketentechnik basiert, wurde angeblich von Sowjetbürgern entwickelt. Die sowjetischen Ingenieure waren nun eingearbeitet und begannen, eine eigene, wirklich eigene russische Rakete zu entwickeln. Dabei entstand die legendäre R-Serie.
Inzwischen hatte der Kalte Krieg begonnen. Die Sowjetunion war von einem Gürtel von Luftstützpunkten eingekreist. Von ihnen aus konnten Amerikanische Bombenflugzeuge jeden Punkt der SU erreichen. Aus diesem Gefühl der Bedrohung, genehmigte 1953 der Ministerrat der UdSSR die Entwicklung der R-1 zur Interkontinentalrakete. Für die Raketenentwicklung wurde jetzt der Ingenieur Sergej Koroljow verantwortlich. Er musste aus einem Straflager geholt werden, in das er wegen falscher Anschuldigungen gekommen war. Bis zu seiner Freilassung hatte er in Gefangenschaft Raketentriebwerke für Jagdflugzeuge konstruiert.
Als Startgelände für Interkontinentalraketen war Kapustin Jar völlig ungeeignet. Deshalb baute man in Baikonur (kasachische Steppe) einen neuen Kosmodrom. Im August wurde von hier aus die erste Interkontinentalrakete vom Typ R-7 gestartet. An Bord war Sputnik 1, der die westliche Welt traumatisierte. Nun war es klar, dass die Russen mit diesen Raketen auch Atombomben transportieren konnten.
© 2010 Alexander von Behaim-Schwartzbach