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Johannes Kepler: Die Kindheitsjahre
Kein Mensch in Weil der Stadt hätte je geahnt, dass aus dieser Stadt einer der größten Gelehrten Europas kommen würde: Johannes Kepler (1571-1630).
Sein Vater war ein unsteter Taugenichts, der es nirgendwo lange aushalten konnte. Die Mutter war die Tochter eines Schankwirtes aus Leonberg bei Stuttgart. Nach ihrer Hochzeit erkannte Katharina, in welches Elend sie geraten war und wurde deshalb immer verbitterter. Kurz nach der Geburt des ersten Kindes, Johannes, war sie abermals schwanger. Und doch verließ der Vater seine Familie, um im berüchtigten Heer des spanischen Herzog Fernando Alvarez de Toledo y Pimentel Duque de Alba als Söldner zu dienen.
Die Verhältnisse im Hause Kepler in Weil der Stadt müssen bedrückend gewesen sein. Katharina lag in ständigem Streit mit ihren Schwiegereltern. Als sie die Zustände nicht mehr ertragen konnte, ließ sie ihre beiden Kinder bei den Großeltern zurück und reiste ihrem Mann ins Feld nach. Erst nach vier entsetzlichen Kriegsjahren kehrte das Paar wieder ins heimatliche Weil zurück. Dass sie den erstgeborenen Sohn Johannes noch lebend antrafen, war ein Wunder. Als er vier Jahre alt war, erkrankte er an Pocken und wäre daran fast gestorben. Mit dem Leben war er zwar davongekommen, doch ein schwerer Augenschaden blieb zurück . Nur noch schemenhaft konnte er Gegenstände erkennen. Hierin zeigt sich die Ironie der Geschichte: Einer der größten Rhetoriker war Homer. Er hatte einen Sprachfehler. Beethoven hat uns die wunderbarsten Kompositionen geschenkt und er war fast taub. Und der Mann der kaum sehen konnte, schuf die Grundlagen der modernen Optik. Es war Johannes Kepler.
Noch im Jahr der Rückkehr aus Holland zogen die Keplers nach Leonberg, wo sie ein Haus besaßen. Lange hielt es Heinrich Kepler dort nicht aus und er ging 1578 wieder zurück nach Holland. Ein von ihm gezündeter Sprengsatz, der vorzeitig explodierte, zerfetzte sein Gesicht. Schwer verwundet und entstellt kam er aus dem Feld zurück. Nun musste Katharina für den Lebensunterhalt sorgen. 1579 pachtete sie das Wirtshaus "Zur Sonne" in Ellmendingen bei Pforzheim.
Als 1577 ein "besunders gräulicher Komet" am Himmel stand, wurde das Interesse für Astronomie in dem Knaben geweckt.
2010 © Alexander von Behaim-Schwartzbach