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Merkur
Obwohl der Merkur relativ oft am Himmel zu sehen ist, haben ihn nur wenige Menschen je bewusst wahrgenommen. Von Johannes Kepler wird berichtet, dass er von Merkur wohl wusste, doch hatte er ihn selbst nie gesehen. Kepler, das muss man wissen, war zwar ein exzellenter Theoretiker, aber ein miserabler Beobachter. Falls Sie kurz nach Sonnenuntergang, tief im Westen, dort wo gerade die Sonne untergegangen ist, einen kleinen Lichtpunkt entdecken, dann sehen Sie Merkur.
Schon seit dem 3. Jahrtausend v.u.Z. war der innerste Planet des Sonnensystems den Menschen bekannt. Merkur ist der dunkelste unter den Planeten, sein Albedowert beträgt nur 0,12. Albedo nennen die Physiker die Rückstrahlkraft des Lichtes. Je heller ein Gegenstand ist, desto mehr Licht reflektiert er. 0,12 ist ein sehr kleiner Wert, denn es sind nur 12% des einfallenden Lichtes, das reflektiert wird. Und das macht es natürlich auch schwierig, Merkur mit dem Teleskop zu beobachten. Deshalb wusste man lange nichts über den Planeten. Seine Beobachtung wird auch noch dadurch erschwert, dass er immer sehr nahe bei der Sonne steht. Als Mitte der siebziger Jahre die Raumsonde Mariner 10 am Merkur vorbei flog, konnte man zum ersten Mal seine Oberfläche sehen. Doch was man sah, konnte man fast nicht glauben - dieser Planet sieht dem Mond zum Verwechseln ähnlich (Bild: NASA).
Merkur sieht dem Mond ähnlichMerkur ist nach dem Planeten Pluto der zweitkleinste Planet in unserem Sonnensystem. Er steht der Sonne am nächsten, Pluto am fernsten. Da er sozusagen auf der Innenbahn läuft, umrundet er die Sonne in nur 88 Tagen. Eine Umdrehung des Planeten Merkur um die eigene Achse dauert aber 58,6 Erdtage. Nach zwei Umläufen um die Sonne hat sich der Planet dann drei mal um die eigene Achse gedreht. Das führt zu einigen seltsamen Effekten. Ein Astronaut der auf dem Merkur den Sonnenaufgang erlebt, sieht den Sonnenuntergang erst nach einem Umlauf des Planeten um die Sonne (nach einem "Merkurjahr"), also nach 88 Tagen. Dann herrscht für weitere 88 Tage Nacht. Die Sonne wandert auch nicht mit gleichmäßiger Geschwindigkeit über den schwarzen Merkurhimmel sondern schneller, wenn der Planet auf seiner stark elliptischen Bahn in Sonnennähe (Perihel) ist und langsamer, wenn er in Sonnenferne (Aphel) ist.
Das Keplersche Gesetz, nachdem die Planeten sich auf Ellipsenbahnen bewegen, gilt - streng genommen - nur, wenn ein Zweikörpersystem vorliegt, also z.B. die Sonne nur einen Planeten hat. In unserem Sonnensystem gibt es aber neben dem Merkur noch 8 weitere Planeten. Diese stören die Merkurbahn, so dass sie keine Ellipse sondern eine Rosettenbahn bildet. Anders ausgedrückt dreht sich die Achse der Ellipsenbahn langsam um die Sonne. Diese "Periheldrehung" ist aber nur sehr klein, für die Drehung von einem Winkelgrad werden immerhin fast 700 Jahre benötigt. Ein kleiner Anteil an dieser Periheldrehung wird unter anderem auch dadurch verursacht, dass der Planet in Sonnennähe schneller wird. Aufgrund der Einsteinschen Relativitätstheorie nimmt dann seine Masse zu, was zur Periheldrehung führt. Der Nachweis dieses Effekts war wichtig für den Beweis der Relativitätstheorie.
Die alten Griechen hatten zwei verschiedene Namen für den Planeten Merkur. Wenn er morgens am Himmel stand, hieß er Apollon. Als Abendstern hieß er, weil er in wenigen Tagen über den Himmel eilt, Hermes. Hermes war in der griechischen Mythologie der Postbote. Als Arbeitskleidung trug er geflügelte Sandalen und eine geflügelte Kappe.
Der Götterbote Hermes
Wissen kompakt
- Merkur ist von den neun Planeten unseres Sonnensystems der innerste Planet. Er ist nach dem Planeten Pluto der zweitkleinste aller Planeten.
- Bei den Griechen hieß er als Morgenstern Apollon und als Abendstern Hermes. In der griechische Göttermythologie war er der Himmelsbote. Man erkennt den Gott Hermes an seinen geflügelten Sandalen und dem geflügelten Helm.
- Er ist nur ein winziges Lichtpünktchen am Morgen- oder am Abendhimmel. Da der Merkur nur eine schwache Rückstrahlkraft (Albedo) besitzt, ist er nicht leicht am Himmel zu finden. Die Albedo der Planeten beträgt im Schnitt 0,3. Das heißt, 30% der einfallenden Sonnenstrahlung werden in den Weltraum reflektiert. Die Albedo für Neuschnee liegt bei 90%, Wiesen 15-35%, Wald 5-20%. Die Albedo unseres Erdenmondes liegt bei etwa 12%.
- Zwischen Erde und Sonne befinden sich nur Merkur und Venus. Gelegentlich wandern diese Planeten scheinbar durch die Sonnenscheibe (Transit). Solche Transite sind aber sehr seltene Vorgänge. Der letzte Merkurtransit fand im Mai 2003 statt.
- Der Merkur besitzt eine eigenartige Rotationseigenschaft: Nach zwei Sonnenumläufen hat sich Merkur drei mal um die eigene Achse gedreht. Das führt dazu, dass ein Tag bzw. eine Nacht auf dem Merkur 88 Erdentage (jeweils ein Sonnenumlauf) dauern.
- Seine Bahnellipse um die Sonne ist stark exzentrisch. Daher steht er gelegentlich der Sonne sehr nahe bzw. fern. Die Bahnellipse dreht sich außerdem sehr langsam um die Sonne. Das nennt man Periheldrehung.
- Die Periheldrehung wird durch die anderen Planeten des Sonnensystems verursacht und durch relativistische Effekte. Die Messung der Periheldrehung war wichtig zur Bestätigung der Relativitätstheorie.
2010 © Alexander von Behaim-Schwartzbach