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Mit Jules Verne fing alles an
Mit diesem französischen Schriftsteller begann der Aufbruch der Menschen ins Weltall. Jules Verne wurde am 8. Februar 1828 in Nantes in der Bretagne geboren und starb am 24. März 1905 in Amiens, das liegt in der Picardie. Jules Verne ist der Erfinder des Science-Fiction-Romans. Er selbst betrachtete sie als „wissenschaftlich belehrende Romane“. Zuweilen sind ganze Kapitel informative Abhandlungen, in denen er sorgfältig das Wissen seiner Zeit wiedergab. So waren seine Erfindungen nicht bloße Produkte seiner Phantasie, sondern sorgfältig recherchierte Möglichkeiten, die die Technik der Zukunft literarisch vorwegnahmen. Ihm zu Ehren wurde der erste europäische Raumtransporter ATV nach Jules Verne benannt. Das ATV (Automatic Transfer Vehicle) ist ein Weltraumfrachter, welcher die internationale Space Station (ISS) mit Nahrung, Wasser, Ausrüstung und neuen Treibstoff versorgt.
Es ist bekannt, dass der junge Hermann Oberth durch seinen Roman „Von der Erde zum Mond“, das Thema seines Lebens fand: Er wollte Weltraumraketen bauen. Auch Wernher von Braun las Jules Vernes Roman und er war es, der die beiden ersten Menschen, Neil Armstrong und Edwin Aldrin 1969 auf den Mond brachte, Viele Einzelheiten der ersten echten Mondfahrt hat Jules Verne erstaunlich genau vorausgesagt. Den ersten Flug zum Mond würden nach Jules Vernes die Amerikaner durchführen. Verne wusste schon damals, dass nur die Amerikaner in der Lage sein würden, eine solche Großtat durchzuführen. In Amerika war gerade der Bürgerkrieg zu Ende gegangen. In Baltimore wurde der „Gun-Club“ gegründet, der sich um die übrig gebliebenen Kanonen kümmerte. Die Mitglieder kamen auf die Idee, dass man mit einer Kanone Menschen in einer Hohlkugel auf den Mond schießen könnte. Die Sternwarte in Cambridge in England verfasste ein Gutachten und riet, die Kanone zwischen 0 und 28° nördliche oder südlicher Breite zustellen. Die Kugel musste man auf eine Geschwindigkeit von 12 000 Yards pro Sekunde beschleunigen und der Abschuss müsse am 1. Dezember, genau um 13 Minuten und 20 Sekunden vor 23 Uhr erfolgen. Als Abschussplatz wählte man den Ort Tampa. Dieser Ort liegt nur wenige Meilen vom tatsächlichen Weltraumbahnhof Cape Canaveral auf der westlichen Seite der Halbinsel Florida. Vom Gun Club wurde folgendes beschlossen:
- Das Geschoss sollte eine Hohlgranate aus Aluminium sein.
- Die Kanone sollte eine gusseiserne Columbiade von 900 Fuß Länge sein.
- Die Treibladung sollte aus 400 000 Pfund Schießbaumwolle bestehen.
- Das Geschoß sollte den Mond bei Vollmond erreichen.
Die literarischen Mondreisenden bestanden aus zwei Amerikanern, einem Franzosen und zwei Hunden. Neben dem nötigen Proviant wurde das Geschoß mit Sauerstoff und einer Kohlendioxyd absorbierenden Chemikalie betankt. Da die Anziehungskraft der Erde des Mondes und der Erde gleich sind, wusste man, dass die Raumfahrer die Schwerelosigkeit erleben würden. Ein aus Versehen offen gelassenes Ventil an einer Sauerstoffflasche hätte beinahe zu einer Katastrophe geführt. Das erste Raumfahrzeug verfehlte den Mond ein wenig, wodurch es auf eine Umlaufbahn um den Mond gelenkt wurde. Die Passagiere sahen zum ersten Mal die Rückseite des Mondes, der von der Erde aus niemals zu sehen ist. Als das Mondgeschoß in die Schattenzone eintrat, sanken die Temperaturen dramatisch ab und hätte um Haaresbreite die Kosmonauten das Leben gekostet. Nach der Umrundung des Mondes sollten die Bremsraketen gezündet werden, um auf dem Mond zu landen. Doch das Geschoss flog weiter auf die Erde zu und wasserte schließlich im Pazifik. Eine Mondlandung blieb somit für die Helden ein unerfüllter Traum. Doch als Forschungsergebnis wurde erkannt, dass der Mond unbewohnbar ist.
Das Apollo-Programm Hundert Jahre nach Jules Vernes phantastischer Reise zum Mond, geschah es fast genau so, wie er es in seinem Roman „Von der Erde zum Mond“ beschrieben hatte, und es waren es tatsächlich die Amerikaner, die den Mond als Erste erreichten. Auch mit dem Startplatz hatte Jules Verne ins Schwarze getroffen: Die Mondrakete startete tatsächlich in Florida — allerdings auf der Ostseite der Halbinsel. Am 21. Dezember 1968 flogen die drei Astronauten William Anders, James Lovell und Frank Borman in Richtung Mond. Allerdings war kein Franzose an Bord und auch keine Hunde. Am ersten Weihnachtstag 1968 erreicht Apollo 8 die Umlaufsbahn des Mondes und umkreiste unseren Trabanten zehnmal. Am 27. Dezember kehrte Apollo 8 zur Erde zurück und landete, genau wie bei Jules Verne, im Atlantik. Allerdings wurde die Raumkapsel nicht mit einer Kanone ins All geschossen. Das hätte keiner der Astronauten überlebt. Hermann Oberth, der Pionier der Raumfahrt, hatte dies bereits als 12-järiger Schüler berechnet. Ein Jahr später betraten Neil Armstrong und Edwin Aldrin den Mond. Das geschah fast auf den Tag genau einhundert Jahre später.
© 2011 Alexander von Behaim-Schwartzbach